Eidechsenhauptstadt

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ Dieser Satz von Walter Ulbricht hat weltweit als Lüge – so bezeichnete man damals noch Fake News beziehungsweise alternative Fakten – Berühmtheit erlangt, weil zwei Monate später die Berliner Mauer gebaut war. Vor wenigen Tagen jährte sich dieser Gedenktag zum 57. Mal. Aber nicht jeder Mauerbau ist zu verurteilen. Im Gegenteil – wie wir seit voriger Woche wissen. Insbesondere Trockenmauern werden gebraucht! Zahlreiche gibt es bereits, auch und gerade im WILIH-Land. Beispielsweise an den Hängen unterhalb des Frauenkopfs, in Weinbergen von Rohracker und Hedelfingen oder in Gärten an der Wangener Höhe. Hin und wieder finden sich auch in Hausgärten oder an Grundstücksgrenzen Trockenmauern. Ihr Aufbau ist nicht ganz einfach und daher auch nicht ganz billig, erst recht an steilen Hängen. Aber sie haben neben ihrem naturschönen Erscheinungsbild etwas zu bieten, was in einem knapp hundertseitigen Gutachten nachzulesen ist, das die Stadt Stuttgart in der vorigen Woche vorgestellt hat: Lebensraum für Mauereidechsen. Rund 140.000 Erwachsene ihrer Art leben in der Landeshauptstadt. Rechnerisch kommt also auf jeweils vier Einwohner Stuttgarts eine Mauereidechse. Wer hätte das gedacht? Dass die Ermittlung dieser Population der Stadt rund 150.000 Euro wert war und damit mehr als einen Euro pro Eidechse, ist ein anderes Thema. Erst mal darf Stuttgart stolz sein. Es ist die Landeshauptstadt nicht bloß der Menschen, sondern auch der Eidechsen.

Rundgeschaut … Die Seite 3 Kolumne aus dem WILIH … 22.8.2018