Sehenden Auges planen

Wer gut sieht und gut zu Fuß ist, muss über vieles gar nicht nachdenken. Eine Binsenweisheit, die aber beim Rundgang mit Behinderten zuweilen für enorme Aha-Effekte sorgt. So auch in der vorigen Woche in Sillenbuch, als Bezirksbeiräte einen Teil der Sillenbucher Einkaufsmeile mal mit anderen Augen betrachteten. Nämlich mit sehenden. Und sich dabei von Blinden und Sehbehinderten die Augen öffnen ließen. Ebenso wie von Rollstuhlfahrern, die ihnen demonstrierten und erklärten, wo für sie oft der Weg zu Ende ist. Zum Beispiel vor einem Schneehaufen, der sich an der Straßenecke auftürmt. Die Erkenntnis: Oft, zu oft, mangelt es am Bewusstsein derer, die sich im öffentlichen Raum ohne Probleme bewegen können, für die Sorgen derer, die dieses Glück in ihrem Leben nicht haben. Und oft, zu oft, fängt das Problem schon bei der Planung und Normierung an. Was kann man tun? Zumal in einer Gesellschaft, die immer egozentrischer wird und in der schon für Verwunderung sorgt, wer einen fremden Menschen im Vorbeigehen grüßt. Und bei einer Bürokratie, deren Mühlen immer langsamer mahlen. Gute Frage! Aber schon die Frage ist ein Anfang. Auch wenn eine zufriedenstellende Antwort wahrscheinlich nicht auf dem Fuße folgt. Aber ohne Frage gibt es schon gar keine Antwort. Keine Frage!

Rundgeschaut … Die Seite 3 Kolumne aus dem WILIH … 24.10.2018